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Magazin 03/17 Tipps & Adressen

ÖHE – SCHILLINGS INSELPARADIES

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Fotografie: Christine Zenz
Text: Ursula Egli

Wer träumt nicht davon, auf einer einsamen Insel im Einklang mit der Natur zu leben? Für Mathias Schilling wurde dieser Wunsch Wirklichkeit. Zwischen Hiddensee und Rügen liegt seine Privatinsel Öhe. Hier lebt er mit seiner Familie, seinem Hund, 140 Rindern und 60 Heidschnucken. Eigentlich würde eine ca. 30 Meter lange, einfache Holzbrücke das Leben von Mathias Schilling und seiner Familie erheblich erleichtern. Aber das kommt für den jungen Inselbesitzer nicht in Frage, denn dann wäre das Inselfeeling und wohl auch die Privatsphäre dahin. «Seid ihr bereit für die grosse Überfahrt?», fragt Mathias Schilling und lacht. Die Fahrt mit dem kleinen Motorboot zu seinem Inselparadies dauert weniger als eine Minute. Am Bootssteg werden wir von Liese, der Hirtenhündin, schon freudig erwartet und auf unseren Inselrundgang begleitet. Die Geschichte der Insel Öhe und ihrer Besitzer reicht bis 1312 zurück. Das Adelsgeschlecht von der Öhe taucht erstmals in den Urkunden auf. Im «Stammbuch des blühenden und abgestorbenen Adels in Deutschland» ist der Name bis ins 19. Jahrhundert belegt. Dann heiratete die Schwester des kinderlosen Gottliebs von der Öhe den Naturforscher Wilhelm Schilling und übernahm nach dessen Tod das Inselerbe. Die beiden hatten fünf Kinder. Zwei von ihnen, die Junggesellinnen Lorette und Ida wohnten bis an ihr Lebensende auf der Insel und waren ob ihres resoluten Verhaltens gegenüber unliebsamen Besuchern weitherum gefürchtet. Auch mit den Fischern sollen sich die beiden Grosstanten von Mathias Schilling um die Fischereirechte gestritten haben. Da kam es in der Hitze des Gefechtes schon mal vor, dass ein Schuss nicht den vermeintlichen Vogel, sondern ein Fischerboot traf. Mathias Schilling wuchs nicht auf Öhe, sondern in Schleswig-Holstein auf, war aber oft zu Besuch bei seinen Grosseltern. Als sich 2006 für ihn die Möglichkeit ergab, den Familienbesitz zu übernehmen, überlegte der studierte Landwirt und Hotelfachmann nicht lange und zog mit seiner Frau Nicolle von Berlin auf seine eigene Insel. «Auf Öhe bin ich aus Abenteuerlust und wegen der Verbundenheit mit der Region und weil ich etwas Neues schaffen will, ohne das zu zerstören, was meine Vorfahren seit Jahrhunderten bewahrt haben.» So stehen das alte Gutshaus und das Gesindehaus, das heute von Mathias Schilling und seiner Familie bewohnt wird, inmitten eines wunderschönen Gartens mit uraltem Baumbestand, und zum Bootssteg führt eine prächtige, von alten Eichen gesäumte Allee, die von seinen beiden Grosstanten eigenhändig angepflanzt wurde. Von seinem Haus aus wandern wir hinaus auf die Weiden, um die Mitbewohner von Mathias und seiner Familie kennenzulernen. Erst jetzt sehe ich, wie gross die Insel ist. 75 Hektar darf Mathias sein Eigen nennen, da erstaunt es nicht, dass sein Arbeitstag bis zu 16 Stunden dauert. Um die Salzwiesen, die mit würzigen Kräutern und saftigen Gräsern übersät sind, braucht sich Mathias nicht zu kümmern. Das übernehmen seine 140 Rinder der Rassen Blonde d’Aquitaine und Limousin sowie die 60 Heideschnucken. In einiger Entfernung sehen wir die Rinder friedlich grasen. «Soll ich sie herrufen?», fragt Mathias. Natürlich soll er und schon traben Dutzende von Rindern auf uns zu. Mathias kennt seine Tiere fast alle beim Namen. Liebevoll krault er Elsa, sein Lieblingsrind, hinter den Ohren. Kein Zweifel, die Tiere haben hier wirklich das Paradies auf Erden.

Gasthof – Schillings Schlemmerparadies

Eines muss man Mathias Schilling zugestehen. Er schöpft sein Potenzial zu 150 Prozent aus. So betreibt der studierte Landwirt und Hotelfachmann nicht nur die Bio-Rinderzucht auf der Insel Öhe und den Hofladen, sondern er führt zusammen mit seiner Frau und einem motivierten Team auch das Restaurant «Schillings Gasthof» in Schaprode. Gleich an der Hafenkante, da wo die Familie ihr Boot festmacht, steht sein zweites «Standbein» – die ehemalige Dorfgaststätte aus dem 19. Jahrhundert. Die vielen Fotografien prominenter Besucher an den Wänden zeugen von der andauernden Beliebtheit des Gasthofes. Die Schauspielerin Asta Nielsen und die Tänzerin Gret Palucca, der Schriftsteller Günter Grass waren hier und der Rocksänger Dean Reed auch. Mathias Schilling konnte den Gasthof 2011 übernehmen und hat ihn zusammen mit seiner Frau renoviert, dabei war es beiden sehr wichtig, dessen alten Charme zu bewahren. Neue Lampen und neue Tapeten treffen nun auf wieder flott gemachte, alte Stühle und einen schönen, alten Kachelofen. Auf der Speisekarte steht das zarte Salzwiesenfleisch von der Insel Öhe – als deftiger Burger, als krosses Steak oder würziger Braten. Als zweite Spezialität des Hauses gibt es fangfrischen Fisch von den Hiddenseer Kutterfischern, die täglich frühmorgens im Hafen von Schaprode anlegen und ihren Fang, das kann je nachdem, was in den traditionellen Stellnetzen so hängengeblieben ist, Dorsch, Hering, Steinbutt, Hornhecht oder Zander sein, verkaufen.

Hofladen – Schillings Delikatessparadies

Ganz so resolut wie seine beiden wehrhaften Grosstanten verteidigt Mathias Schilling sein Inselparadies nicht, aber Öhe ist zum Wohle seiner Rinder und Schnucken, die rund 30 Monate auf der Insel leben dürfen, nach wie vor privat und kann nicht besucht werden. Die Produkte der Insel können aber direkt gegenüber der Insel, am Hafen des ruhigen Fischerdorfes Schaprode, im Hofladen der Familie Schilling gekauft werden. In der Auslage des Bio Ladens liegen diverse luftgetrocknete oder geräucherte Würste, Pasteten und Rinder-Rillette vom Salzwiesenfleisch, alles «made in Rügen». Hergestellt werden die hervorragenden Fleischspezialitäten vom bekannten Feinkost-Metzger und Slow-Food-Förderer Marcus Bauermann von der «Rügener Landschlachterei» in Parchtitz. Daneben gibt es eine grosse Auswahl an Käse aus Bisdamitz, Rügener Rapsöl, frisches Brot und weitere regionale Spezialitäten wie zum Beispiel Sanddornkonfitüre oder Quittenlikör. Wer, so wie wir, nach all den würzigen Leckereien Lust auf etwas Süsses verspürt, kann sich gleich gegenüber, im «Eishafen», mit einer oder zwei Kugeln vorzüglicher, hausgemachter Eiscreme etwas Gutes tun.

Schillings Gasthof
Hafenweg 45, 18569 Schaprode, Insel Rügen, Deutschland
Tel. 0049 (0)38 309/1216
post@schillings-gasthof.de
www.schillings-gasthof.de
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