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KUNST IM TURM

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AUSTELLUNG
von August 2018 bis August 2019

Ted Scapa ist ein Phänomen in der aktuellen Schweizer Kunst. In seiner Gegenwart werden alle zu Künstlern. Nicht nur mit dem legendären «Spielhaus» am Schweizer Fernsehen, sondern in unzähligen Workshops für alle Alters- und Bildungsstufen hat Scapa den Beweis erbracht für Joseph Beuys’ Behauptung, jedermann sei ein Künstler. Mit seiner Empathie stimuliert er andere, selber kreativ zu handeln. Was Scapa zu einem Magneten macht, ist seine Fähigkeit, das Wesentliche aus einem Individuum herausdestillieren zu können. Ebenso spielerisch findet er für einen komplizierten Sachverhalt oder eine komplexe Stimmungslage ein frappantes Bild, das die Problemlage auf den Punkt bringt. Die Wirkung überzeugt nicht nur diejenigen, die in einem Scapa-Werk sich selber wiederfinden, sondern auch die, die in einem Cartoon dieses Tausendsassas plötzlich eine Person oder ein allgemein menschliches Verhaltensmuster erkennen. Diese Fähigkeit, die Scapa «einfach so nebenbei» beherrscht, ist das Gemeinsame in seinen so unterschiedlichen künstlerischen Hervorbringungen, handle es sich nun um Cartoons, Zeichnungen, Aquarelle, Gemälde, Plastiken, Fotografien, Design, Kunst am Bau oder die Kreation einer immensen Sammlung von unterschiedlichsten Artefakten. Seine Kunst ist stets eine Anweisung, das Leben zu lieben und zu geniessen. «Creativited», so getauft vom «Clown-Pater» Dimitri, war schon immer der Luftibus mit Tiefgang im Kreis seiner unzähligen Künstlerfreunde von Karel Appel, Marc Chagall, Joan Miró und Alexandre Calder, Antonio Tàpies und Richard Serra, Bernhard Luginbühl und Rolf Iseli bis zu Jean Tinguely und Niki de Saint-Phalle. Cartoon – Karikatur heisst Weglassen und alles in einer Linie zum Ausdruck bringen zu können. Ein Karikaturist ist in erster Linie ein begnadeter Menschenkenner und sodann ein Gedankenakrobat, der Nuggets aus dem unendlichen Geschiebe des Alltags siebt. Die Karikatur lehrt uns, etwas Vertrautes anders, neu zu sehen. Darüber, ob die Gedankenspielerei ein Gag bleibt oder als Kunst weiterlebt, entscheidet jedoch allein die zeichnerische Realisierung. Ted Scapa ist wie Paul Flora und Tomi Ungerer ein Zeichner von herausragendem Format. Sein Wort- und Bildwitz ist lapidar und unverwüstlich. Das Momentane und Beiläufige interessiert ihn vor allem dann, wenn sich in banalen Alltagsszenen das Allgemeinmenschliche, die Condition humaine, offenbart. Scapa malt und bildhauert wie er zeichnet. Ein Fleck, ein Klumpen Ton muss so viel können wie eine Linie, nämlich für sich selbst das Wesentliche des ganzen Bildes zum Ausdruck bringen. Als junger Mann war Scapa nicht nur ein Hippie, bevor es solche gab, sondern auch ein ausgezeichneter Offizier der Niederländischen Streitkräfte mit Sondereinsätzen in Indien. Die rationale Seite gewann in seinem Leben immer mal wieder die Oberhand respektive gab es immer gleichzeitig Ordnung und Chaos. Auch als Ordnungsmensch hat Scapa Ausserordentliches geleistet. So ist er mit Bestimmtheit der wichtigste Herausgeber von Kunstbüchern in der Schweiz des 20. Jahrhunderts. Und sein rationaler Pol ist auch für das konkrete Design verantwortlich, mit dem er seinen Freund Max Bill beeindruckte. Ted Scapa ist ein visionärer Dadaist, der Ordnung und Chaos, Ernst und Humor immer wieder neu inszeniert. Für ein Jahr ist das Schloss Wyl seine Bühne. Im Turm ist eine repräsentative Retrospektive zu sehen mit allen seinen Schaffensgebieten und in allen anderen Räumen hat er witzige und ironische, böse und lustige, heitere und tragische Interventionen realisiert. Scapa liebt den Scherz ebenso wie das Unheimliche. Denn nichts liebt er mehr, als den Teufel zu überlisten. Seine Unheimlichkeiten sind stets lustig, man vergisst die Gefahr. Der Kinderfreund ist kein Angstmacher, er tut nur so. Denn am Schluss hat er zur Freude seines Publikums dem wartenden Teufel noch immer einen Geissbock über die Brücke geschickt oder wie die Frau des Edelmanns, der sich vom gehörnten grünen Jäger Schloss Wyl erbauen liess, dem Hahn den Kragen umgedreht, damit dieser nicht mehr krähen konnte … Dr. Matthias Frehner, Kurator der Ausstellung.

Dr. Matthias Frehner, Kurator der Ausstellung, zum
Lebenswerk Ted Scapas, zu sehen im Schloss Wyl

Schlossweg 10, CH-3082 Schlosswil
Tel. 0041 (0)31 381 75 40
www.schloss-wyl.ch
Atelier Scapa
Nydeggstalden 30, Postfach 510, 3000 Bern 8
Tel. 0041 (0) 31 312 32 00
atelier-scapa@bluewin.ch
www.scapa.ch
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